Nicht dass jemand denkt, ich hätte in letzter Zeit nur noch gekocht. Ganz und gar nicht, ich war auch viel in der Welt unterwegs.
Zugegeben, nur im übertragenen Sinne, aber dafür ziemlich weit. Das ist meinem neuen Hobby zu verschulden – postcrossing.
Das Prinzip ist einfach: Sende ein Postkarte und erhalte eine von einer zufälligen Person irgendwo auf der Welt zurück.
Etwas komplizierter ausgedrückt: Lasse dir eine Adresse zulosen, versende eine Postkarte, warte bis sie ankommt und freue dich auf Post.
Das mag vielleicht ein wenig befremdlich anmuten, vor allem in Zeiten der online-Kommunikation, aber ich finde, dass er gerade deswegen eine unglaublich schöne Sache ist. Sich hinzusetzen und für eine wildfremde Person eine passende Karte zu suchen und liebe Worte zu finden. Für eine Person, die man noch nie gesehen hat, über die man nur weiß, was sie in ihrem Profil preisgibt und mit der man vermutlich nie wieder etwas zu tun haben wird. Genauso kommt Post von Menschen an, die einen vielleicht schon in dem Moment, in dem sie die Karte in den Briefkasten geworfen haben, wieder vergessen haben. Aber trotzdem wird eine handgeschriebene Postkarte immer schöner bleiben als eine schnell dahingetippte SMS.
Ich bin jetzt seit 161 Tagen dabei, habe in dieser Zeit 64 Karten nach Deutschland, Russland, Weißrussland, Finnland, Frankreich, Polen, Taiwan, Japan, Malaysia, Kanada, China, Spanien, Italien, Hong Kong, Portugal, in die Niederlande, Ukraine, Türkei, USA und die Tschechische Republik verschickt, wovon fünf niemals angekommen sind und bin dabei 202.084km oder ca. fünf Mal um die Welt gereist.
Erhalten habe ich seither 52 Karten aus Finnland, Deutschland, Russland, Estland, Indien, Taiwan, Singapur, Lettland, Moldavien, Hong Kong, China, Großbritannien, Neuseeland, Polen, Thailand, Serbien, Japan, Belgien, Kanada, Weißrussland, den USA, der Ukraine, Türkei, Slowakei, der Tschechischen Republik sowie den Niederlanden und die Post war 196.716km zu mir unterwegs.
Das schöne daran ist: Jede einzelne Karte, die man aus dem Briefkasten zieht, schenkt einem gute Laune.
Die allererste zum Beispiel, die mich am 23.10.2013 aus Dallas erreichte:
Oder die bisher einzige, die es tatsächlich an meine Kühlschranktür geschafft hat – ein süßer Pinguin aus Neuseeland:
Oder diejenigen, die die erste Karte waren, die der Absender geschrieben hat und aus der man die Freude, den Enthusiasmus und auch ein bisschen Aufregung richtig herauslesen kann.
Und sogar die, die auf den ersten Blick gar nicht so schön sind, aber immer netter werden, je länger man sie anschaut.
Aber natürlich hat alles Schöne immer ein paar negative Seiten.
Postcrossing ist vermutlich ein relativ kostenintensives Hobby. Das Auslandsporto kostet 75Cent, im Inland sind es 45Cent. Für schöne Karten kann man gut und gerne mal €1,50 hinblättern. Wenn man das hochrechnet auf die 2.743.214 Karten, die seit Juli 2005 aus Deutschland verschickt wurden, entstehen wirklich Unsummen, die da über den Postschalter wandern.
Dann gibt es Karten, die aus welchen Gründen auch immer nie vom Empfänger registriert werden, obwohl man sich doch solche Mühe gegeben hat. Oder umgekehrt solche, bei denen man sich fragt, was sich der Absender wohl dabei gedacht hat.
Und sicherlich auch die Tatsache, dass man als Deutscher „schon wieder Russland“ gezogen hat.
Oder wenn man mal wieder eine gefühlte Ewigkeit warten muss, bis nach zehn verschickten Karten endlich wieder Post im eigenen Briefkasten landet.
Trotz allem überwiegt aber der größte Vorteil: Man muss das alles nicht. Trotz aller Verpflichtungen bleibt postcrossing eben immer noch ein Spiel. Ein Spiel, bei dem man jederzeit pausieren und erstmal keine neuen Karten verschicken kann – sei es aus finanziellen oder zeitlichen Gründen oder einfach, weil man die Differenz zwischen versendeten und erhaltenen Karten verringern will. Aber die Rechnung bleibt einfach: Wer keine Karten verschickt, bekommt auch keine.
Ich habe aktuell noch zwei Karten auf Reisen und kann acht weitere verschicken. Aber viel gespannter als darauf, wohin diese sich wohl auf den Weg machen werden, bin ich darauf, aus welchem Land hoffentlich bald wieder Post bei mir eintrudelt. Denn eines ist es auf jeden Fall: eine tolle Art, die Welt kennenzulernen – oder wer wusste zum Beispiel, dass man sich in Taiwan nennen kann wie man will? Ich nicht, bis ich eine Karte bekam von Heather, die früher mal Vivian hieß und deren Name eigentlich Yi-Mei ist.
Und der allerbeste Grund, weiter zu senden sind Dankesnachrichten wie diese:
Wow, thank you so much!!! I am totally in love with your beautiful postcard : very good choice indeed. I will cherish this one for a long time… 🙂
Thanx a whole lot and have a good day.
oder
Thank you so very, very much for the WONDERFUL postcard!!
OH MY GOODNESS…I LOVE IT SO MUCH!!!
It’s adorable. :))
[…]
Thank you for choosing this great card for me! I love the card!
Warm Wishes!
Und solange auch nur für eine einzige Karte so etwas zurückkommt, sind alle anderen, die aus unerfindlichen Gründen verschollen sind, nicht so wichtig.
In diesem Sinne: Happy postcrossing!